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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Kreis Büdingen - S. 3

1914 - Gießen : Roth
Kreis Büdingen, bearbeitet von K. Heusohn. 3 eben, ein Teil der altberühmten Weiterem im engeren Sinti, hier war in uralten Zeiten, bevor der Rhein das Schiefergebirge unterhalb Bingen durchbrach, ein See, welcher die ganze Oberrheinische Tiesebene bis zu den Vorhöhen des Taunus und Vogelsberges bedeckte. Dieser See lagerte be- deutende Mengen von Lehm und Löß ab und schaffte so die Grundlage für die Fruchtbarkeit des Bodens. wie der Grundstock des Vogelsberges, so bestehen auch seine Kusläufer fast durchweg aus Vasaltgestein, das vor vielen Jahrtausenden als flüssige Lava die Gegend weit und breit überflutete. Dieser Lasalt tritt bald dicht {Düdelsheim, Calbach, Ortenberg, Gber-Widdersheim), bald porös (Die- bach, Kltwiedermus, Eckartshausen, Michelnau), bald in platten (Wenings und Kefenrod), bald in Form von fünf- und sechsseitigen Säulen auf (Orten- berg, Burgbracht) und bildet ein ganz vorzügliches Material für den Häuser- und Straßenbau. Die bei Ortenberg, Gelnhaar, Bellmuth, Gber-Widders- heim, Talbach, Düdelsheim, Litzberg und anderwärts hergestellten Pflaster- steine finden daher auch in vielen deutschen Städten reichen 5lbsatz und ver- wendung. Nur an einigen Orten, wo die verengerten Flußtälchen die Wald- zone in stärkerem Gefälle durchbrechen, tritt der Vuntsandstein zutage. Tr zieht in einem etwa 6 km breiten Streifen von der Hardt bei Ortenberg über den Geyersberg und Pfaffenwald bei Büdingen durch den ganzen Büdinger Wald hin bis in die Nähe von Gelnhausen. 5ln vielen Orten wird er ge- brochen und in den umliegenden Ortschaften als Baustein verwendet oder auch zum Versand gebracht. Kalksteine (meist mit versteinerten Seetierchen Muscheln u. Ögl.] durchsetzt) liegen bei Haingründau, Büdingen, Bleichen- bach und Stockheim. 5luch Braunkohlen finden sich im Kreise, im Büdinger Wald zwischen Büdingen und Wächtersbach, sowie in der Nähe von Nidda. Daß auch Eisenerze nicht fehlen, bezeugen uns die vielen außer Betrieb ge- setzten Eisengruben bei Burgbracht, Wenings, Gelnhaar u. a., deren Erzeug- nisse noch im letztvergangenen Jahrhundert nach Hirzenhain und dem ham- mer zu Neuenschmitten befördert wurden. Und landschaftlich schön ist der Kreis, so daß er den vergleich mit jeder anderen Gegend des deutschen Vaterlandes ruhig aufnehmen kann. Dazu trägt in erster Linie der ungeheure Waldreichtum bei, denn kaum ist eine Bergkuppe, ein Höhenrücken zu gewahren, der nicht mit knorrigen Eichen, schlanken Buchen oder himmelanstrebenden Fichten bewachsen wäre. Ein ganzes Drittel vom Grund und Boden ist der Forstwirtschaft vorbehalten. Hier unter dem schützenden Laubdach der Wälder sammeln sich am moos- und grasbedeckten Boden die Wassertröpflein und dringen nach und nach in die tiefergelegenen Erdschichten ein. Überall können sich Quellen bilden, die namentlich da zutage treten, wo an steil brechenden hängen sich Ton- lager ausbreiten, welche das von oben eindringende Wasser nicht weiter in

2. Kreis Büdingen - S. 4

1914 - Gießen : Roth
4 Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 10. die Tiefe gelangen lassen. Und immer weiterer Zufluß strömt den Quellen von oben zu, denn der Vogelsberg zählt zu den niederschlagreichsten Gegen- den Deutschlands. Die Niederschlagsmenge nimmt mit der höhe über dem Meere und der Nähe steil aufstrebender Berge zu. Während sie für das Forsthaus bei Echzell etwa 560 mm, für die Linie Uommelhausen-Salz- Hausen 640 mm, für Büdingen 741 mm im Durchschnitt für ein Jahr aus- macht, beträgt sie für die Weningser Gegend 900—1000 mm (für den höchstgelegenen Grt Hessens, das Dorf Herchenhain im Vogelsberg — 649 Meter hoch gelegen — gar 1100 mm). Zahlreich sind daher die Büchleins) welche im Kreise entstehen, oder aus dem hohen Vogelsberge kommend, ihn durcheilen, um ihr !Vasser dem Main zuzuführen. Selbstverständlich hängt damit auch die Tatsache zusammen, daß das Vorhandensein von wiese und Weide immer mehr zunimmt, je höher die Gegend liegt. In den tiefer gelegenen Teilen des Kreises fehlen die Bergwiesen ganz, fruchtbares Ackerland tritt an ihre Stelle, während die Wiesen sich nur in den Talsohlen ausbreiten. Und an den fischreichen wässerlein ziehen sich auch die Ortschaften hin, bald langgestreckt, bald sich mehr ver- breiternd, aber immer der umgebenden Landschaft sich anpassend. Wo der Lauf der Bäche sich verlangsamt und die Ortschaften zu manchen Zeiten der Überschwemmungsgefahr allzusehr ausgesetzt sind, da treten sie häufig von den Bachesufern zurück und schmiegen sich an die Bergeshänge an. Nur selten liegen die Grte auf Bergrücken. Mit Rücksicht auf den Wald- reichtum des Kreises sind die Wohnstätten fast durchweg aus Holzfachwerk aufgebaut, nur wo andere Baumaterialien zur Verfügung stehen, kommen auch solche zur Verwendung, wie beispw. in Büdingen der Sandstein, in Eckartshausen der Lungstein. Die fränkische Hofanlage ist überall die vor- herrschende. Es bestecht also hier die hofreite nicht aus einem einzigen Ge- bäude, sondern mehrere, drei oder vier, sind um einen Hof herum gruppiert' das Wohnhaus steht für sich, von Stall und Scheune scharf getrennt. Gbst- bäume aller Rrt umgeben die Dörfer, begleiten die Landstraßen und beleben das Bild der betreffenden Gegend. 5lber auch sogenannte Wildbäume tragen viel zur Verschönerung der Landschaften bei. In den Ortschaften, aus Fried- Höfen und freien Plätzen finden sich herrliche Naturdenkmäler, Eichen, Lin- den oder Kastanien, von denen man leider meistens den Grund ihrer 5ln- Pflanzung nicht kennt: So die alte Eiche am Fußpfad zwischen Michelnau und Fauerbach sowie die in der Nähe des Tunnels bei Büdingen,' die alten Dorflinden in Blofeld, in Nohrbach und höchst a. d. N., die an der Kirche zu Usenborn und auf dem Friedhofe zu Lindheim, die hohe Linde zwischen *) Gib die Bäche, welche den iireis durchfließen, nach der Karte an! Suche ihre (Quelle, ihre Mündung auf!

3. Kreis Büdingen - S. 6

1914 - Gießen : Roth
6 Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 10. Bewohner bildet. In diesem Betriebe hat sich im Laufe der Zeit ein bedeu- tender Umschwung vollzogen. Die weitausgedehnten Hutweiden, auf welchen sich das Vieh einen großen Teil des Jahres kümmerlich nährte, sind größtenteils in ertragfähiges Wiesen- und Ackerland umgewandelt wor- den. An die Stelle der früheren Dreifelderwirtschaft mit ihrem Brachfelde ist in den meisten Gemeinden nach der Durchführung der Feldbereinigung eine freie Wirtschaftsweise getreten. Aber auch da, wo das Feld noch nicht ,,bereinigt" werden konnte, ist die reine Brache verschwunden, und überall werden Futterkräuter und Hackfrüchte neben Getreide in ausgedehntem Maße angebaut. Der Landwirt ist heute ja nicht mehr durch die Abgabe des Zehnten und durch die Leistung von ,,ungemessenen Frondiensten" in seinem Wirtschaftsbetrieb behindert. Fast allenthalben ist die Stallfütterung durchgeführt, und diese ermöglicht wieder eine Bereicherung des Bodens mit natürlichem Dünger. Daneben werden künstliche Düngemittel*) in großen Mengen eingeführt und auf Kckern und Wiesen zur Anwendung ge- bracht. Überall gebraucht der Landwirt verbesserte Geräte, welche eine gründlichere Bodenbearbeitung zulassen, und die Anwendung von Maschi- nen aller Art hilft ihm die Arbeit erleichtern. Wo nun das harte Basaltgestein lange Zeit den Witterungseinflüssen**) ausgesetzt ist, da zerbröckelt oder ,,verwittert" es und bildet eine frucht- bare Ackerkrume. Bei schweren Regengüssen kommt es freilich vor, daß diese teilweise mit zu Tal geführt und anderwärts als sogenanntes Schwemmland angesetzt wird. Nicht selten starren deshalb auch in den höher gelegenen Gemarkungen des Kreises nackte Felsen aus dem Boden hervor, und viele kleine Basaltbrocken bedecken ihn. Darum haben Raine und Decken an den Berghängen solcher Gemarkungen auch den Zweck, das Abschwemmen des fruchtbaren Bodens zu verhindern, von den 49406 ha Gesamtfläche ist nahezu die Hälfte Acker- und Gartenland, und mehr als V? wird als Wiesen benützt. Aber obgleich der Kreis durchweg einen frucht- baren Boden aufweist, sind die Erträgnisse in den einzelnen Gemarkungen doch oft recht verschieden, hier spielen neben der größeren oder geringeren Durchlässigkeit des Bodens die Niederschlagsmenge des Jahres sowie, im Zusammenhang mit der Höhenlage, das ttlima eine bedeutende Rolle. Der schwere Boden des Vogelsberges ist undurchlässiger als der mit Sand unter- mischte der Wetterau.***) Zur Verdunstung der ansehnlichen Wassermenge ist viel Wärme erforderlich, was bei der höheren und teilweise weniger ge- *) Welche künstlichen Dünger kennst du? **) Nenne solche! ***) Fülle drei gleichartige Glasröhren je mit Sand-, Lehm- und Tonboden bis zu einer bestimmten höhe. Gieße Wasser zu bis zum Rand und beobachte die 5luf- nahmefähigkeit des Bodens!

4. Kreis Büdingen - S. 7

1914 - Gießen : Roth
Kreis Büdingen, bearbeitet von K. Heusohn. 7 schützten Lage der Grte und ihrer Gemarkungen ein rauheres Klima zur Folge hat. Daher tritt auch nordöstlich der 200 Metergrenze der Winter früher ein und hält länger an als nach der Wetterau hin. Aber auch süd- westlich der 200 Metergrenze sind klimatische Unterschiede zu beobachten. Die am günstigsten gelegenen Gemarkungen des Kreises sind die von Bü- dingen, Lorbach, Vonhausen, Diebach a. h., Effolderbach und Xonradsdorf- hier treten gewisse pflanzen im Frühling eher in die Blüte ein als in den übrigen Teilen des Kreises. Je weiter eine Gemarkung nach dem Vogels- berge hin liegt, desto später kommt die gleiche Pflanzengattung zur Ent- wickelung, so daß sich zwischen den am günstigsten und ungünstigsten ge- legenen Teilen des Kreises ein Zeitunterschied von 17—20 Tagen ergibt. Darnach hat die Gemarkung Illnhausen das rauheste Klima im Kreis auf- zuweisen. Das Ackerland wird vorwiegend mit Getreide bestellt,' Weizen kommt am meisten zum Anbau, dann folgen Hafer, Roggen und Gerste. In bezug auf Weizenbau wird der Kreis in ganz Hessen nur von dem Kreis Fried- berg übertroffen. Aber auch der Anbau von Hutterkräutern und Hackfrüch- ten ist nicht unbedeutend, namentlich nach der Wetterau hin, wo der Land- wirt weniger Wiesen hat als im Vogelsberg. Der tiefgründige und nähr- stoffreiche Boden eignet sich sehr zum Anbau von Dickwurzeln und Zucker- rüben, welch letztere in den Zuckerfabriken zu Friedberg, Groß-Umstadt und Groß-Gerau verarbeitet werden. Die reichen Futtermittel des Kreises*) ermöglichen eine ausgedehnte Viehzucht. Nach der Zählung im Jahre 1912 waren im Kreise 3525 Pferde, 6 Esel, 20051 Stück Rindvieh, 4618 Schafe, 28316 Schweine, 6199 Ziegen, 103922 Stück Federvieh und 1919 Bienen- stöcke vorhanden. Durch die Umwandlung der hutweiden in Wiesen- und Ackerland und das Wegfallen der Brachfelder hat die Schafzucht gegen früher an Bedeutung verloren,' im übrigen ist aber eine wesentliche Ver- mehrung der Viehbestände zu verzeichnen, was namentlich von der Ziege, der ,,Kuh des kleinen Mannes", gilt. War in früherer Zeit die Zucht des vogelsberger Rindes wegen seiner Anspruchslosigkeit und seiner Leistungs- fähigkeit als Zugtier vorherrschend, so ist in den letzten Jahrzehnten das schwere Simmentaler Vieh an dessen Stelle getreten, und die einheimische deutsche Ziege ist durch die weiße Saanenziege verdrängt worden. Eine Folge der vermehrten und verbesserten Viehhaltung ist eine vermehrte Znilchgewin- Nung und Verarbeitung. An vielen (Orten des Kreises sind deshalb Molke- reien entstanden (Dauernheim, Ranstadt, Eckartshausen, Altenstadt, Echzell, Fauerbach b. U., Wenings, Hitzkirchen), welche die Milch zu Butter und *) In bezug auf den Hutterreichtum nimmt der Kreis in dessen die vierte Stelle ein.

5. Kreis Büdingen - S. 8

1914 - Gießen : Roth
Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. Ig. Käse verarbeiten oder als Vollmilch in die Städte Frankfurt, Offenbach und Hanau versenden. Diese Städte kommen auch als Absatzgebiete für die übri- gen Erzeugnisse der Viehzucht (Fleisch, Eier, Honig) in Betracht, ebenso sind sie für den Gbstmarkt von großer Bedeutung. Zwar war die Zahl der ertragsfähigen Obstbäume vor Jahrzehnten gewaltiger als heute. Venn durch die Wirkungen des strengen Winters 1879/80 waren von 424937 nur 150585 Stück übrig geblieben, doch sind es im Jahre 1906 schon wieder 212533 Stück, welche Zahl seitdem durch Nachpflanzungen noch erheblich gewachsen ist. Und gerade der Obstbau ist für unseren Kreis recht lohnend, da die Mehrzahl der (Drte eine vorteilhafte Lage und im Zusammenhang damit ein günstiges Klima hat. Welche Erträgnisse aus dem Obstbau erzielt werden, lehren uns folgende Zahlen. Im Jahre 1910 wurden geerntet: Tafeläpfel 10 007,5 6? im Werte von 139 880,5 Ji> 43 188 ............260 419 Tafelbirnen...... 589 „ 7 826 „ Wirtschaftsbirnen . . . . 2 109,5 „ ii ii 17 685 „ Zwetschen und Pflaumen 955 „ ii Ii 11 898 ,, Kirschen ...... 360 „ Ii Ii 6 991 „ Aprikosen...... 9 „ Ii Ii 485 ,, Pfirsiche....... 8 „ Ii Ii 625 „ Walnüsse..... 26,5 ,, Ii n 890 „ Zusammen 57 252,5 dz im Werte von 446 699,5 Die bedeutenden Obsternten des Kreises haben einen riesigen verbrauch im Volke selbst und die Entstehung von Obstkeltereien und Obstprodukten- fabriken zur Folge. Kuffallend ist, daß der Weinbau fast ganz geschwunden ist. vor Jahrhunderten war er in fast sämtlichen Gemarkungen unseres Kreises bis zur 200 Metergrenze verbreitet*), wie uns auch der Flurname ,,Wingert" oder ,,Weinberg", der noch vielfach erhalten ist, lehrt. Rlle Südhänge waren mit Reben bepflanzt, und in einzelnen Gemarkungen (Bü- dingen, Ortenberg) nahm der Weinbau eine bevorzugte Stellung ein. Nach dem 30jährigen Kriege lagen die meisten Wingerts wüste, aber im 18. Jahr- hundert gewann der Weinbau in manchen Gemarkungen noch einmalerhöhte Bedeutung. Das Auftreten der Rebenkrankheiten veranlaßte, daß die Win- gerte nach und nach in Obst- und Getreidefelder umgewandelt wurden. 5lm längsten hat sich der Weinbau bei Büdingen, Ortenberg, Diebach a. h. und an der Konneburg erhalten. Gegenwärtig sind nur noch einige Wingerts bei Büdingen im Betrieb, und bei Ober-Inockstadt hat man ,,an der Lauen- *) Noch 1616 hatten beispielsweise (Orleshausen 21, Talbach 63/ir Büches 1274» Aulendiebach 2474, Wolf 9, Pferdsbach 2, Lorbach V2, viebach a. h. 18%, Mittel- gründau (Buchen) 247s Morgen Weinberge.

6. Kreis Büdingen - S. 9

1914 - Gießen : Roth
Kreis Büdingen, bearbeitet von K. Heusohn. 9 bürg" aufs neue Knbauversuche mit der Rebe gemacht. Kls hausbeklei- dung trifft man sie jedoch in sämtlichen Orten des Kreises an. Die meisten Gemeinden erfreuen sich eines guten Wohlstandes, da fast alle über ansehnlichen Gemeindebesitz verfügen' doch ist die Zahl derer, welche staatlichen oder standesherrlichen Waldbesitz haben, keineswegs ge- ring. Dieser Waldreichtum gibt den Bewohnern allerorts lohnenden ver- dienst. Das Tannenholz wird vielfach im Kreise selbst verarbeitet oder geschält und nach den Kohlenrevieren an der Saar und Ruhr befördert, wo es als Grubenholz Verwendung findet, oder an Zellulosefabriken ver- kauft wird. Der größte Teil des Buchenholzes findet heute als Brennholz verwen- dung - die schönsten Stämme dienen jedoch als Werkholz oder werden als Eisenbahnschwellen gebraucht. Im Sommer durchstreifen Beerensammler die ausgedehnten Waldungen, um die hier wachsenden Erd- und Himbeeren*) zu suchen, welche dann im eigenen haushalte verwendet oder an die Gbst- Produktenfabriken geliefert werden. In den landwirtschaftlichen Betrieben herrscht überall der mittlere und kleine Grundbesitz vor. Daneben gibt es in sehr vielen Gemeinden Gutshöfe von ansehnlicher Größe, welche den verschiedensten Herrschaften gehören. In den meisten Fällen sind diese Höfe mit den zugehörigen Gütern an einen Landwirt in Pacht gegeben, und viele Leute der Umgegend finden hier als Arbeiter Beschäftigung; nicht selten werden aber auch fremde Arbeitskräfte herangezogen, fln solchen Grten ist aber von den Ortseingesessenen selten Land käuflich oder pachtweise zu erwerben, weshalb viele von ihnen der Industrie zugedrängt werden. Die Lage des Kreises, abseits der großen Verkehrsadern, der Flüsse und Hauptbahnen, bedingt es, daß die einhei- mische Industrie nicht in dem lnaße wie anderwärts zur Entwickelung kommen konnte, weshalb viele Rrbeiter**) — begünstigt durch bequeme Bahnverbindungen — in den Städten Frankfurt, Offenbach und Hanau Arbeitsgelegenheit und Verdienst finden. Im Kreise selbst hat nur die Eisen- gießerei zu Hirzenhain größere Ausdehnung angenommen. Einen guten Ruf genießen allerdings auch die kleineren Betriebe, wie die Wollspinnerei und Weberei zu Büdingen,' die Möbelfabriken und Bierbrauereien zu Nidda,' die Gbstproduktenfabrik zu Büdingen,' die Zandsteinindustrie zu Büdingen und Ortenberg; die Basaltwerke zu Ortenberg, Gber-Widdersheim, Lißberg, Gelnhaar, Düdelsheim, Ealbach, Rodenbach und Bingenheim, welche ihre Erzeugnisse als Pflastersteine und als Deckmaterial für Straßen- und Bahn- bau weithin verfrachten. *) Die Heidelbeere kommt im Kreise wenig vor. **) Hiis hainchen, Langenbergheim, Lorbach, Leidhecken, Mittelgründau, Oberau, Ranstadt, Rommelhausen usf.

7. Kreis Büdingen - S. 10

1914 - Gießen : Roth
10 Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 10. Mit der Lage des Kreises hängt auch die verkehrssrage eng zusammen. In früheren Zeiten bewegten sich die Heere, die Kaufmannszüge, die Posten, die Lastwagen der Fuhrleute und Bauern aus den alten „Landstraßen", welche als Feld- oder Waldwege noch vielfach unter dem Namen „hohe Strafte", „Reffenstraße" oder „Frankfurter Straße" den Kreis durchziehen. Da Frankfurt infolge seiner natürlichen Lage schon von jeher der Haupt- Marktplatz für Vogelsberg und lvetterau war, so zogen die Landstraßen alle strahlenförmig von dieser Stadt aus über die Höhenrücken nach dem Vogels- berge hin, in den wasserreichen Tälern war meistens mit Fuhrwerken nicht fortzukommen. Solche „Frankfurter Straßen" haben wir noch über Mar- köbel, Herrnhaag, Hitzkirchen- über Altenstädt, Stockheim, Breitehaide, Gber-Seemen,' über Altenstädt, Rodenbach, Eckartsborn, Zwiefalten,' über Altenstädt, Ranstadt, Nidda, Unter-Schmitten. Erst vor etwas mehr als 100 Jahren begann man mit dem modernen Straßenbau, und heute hat der Kreis ein ausgedehntes Straßennetz von 390 km Länge. Eine mächtige För- derung erfuhr der Verkehr jedoch erst in den letzten Jahrzehnten mit der Eröffnung der Oberhesfischen Bahn Gießen—gelnhausen (1869 bzw. 1870) sowie der Strecken Nidda—schotten (1888), Stockheim—gedern (1888), Nidda—friedberg (1897) und Stockheim—vilbel (1905).*) Während noch in den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts die meisten (Drte des Kreises wöchentlich höchstens einmal Postbestellung hatten, findet heute solche täglich mindestens zweimal statt, und schon seit Jahren sind alle Ge- meinden an das Fernsprechnetz angeschlossen. So ist auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens im Kreis ein riesiger Fortschritt zu verzeichnen. Die meisten Gemeinden Haben in den letzten Jahrzehnten durch Anlegung von Wasserleitungen für gutes Trink- wasser Sorge getragen, und durch den Anschluß an das Elektrizitätswerk zu Wölfersheim wird für Industrie und Landwirtschaft ein neuer Aufschwung zu erwarten sein. Seine Geschichte. In uralter Zeit war unsere Gegend ganz mit Wald bewachsen, in wel- chem Hirsche, Rehe und Füchse, Wölfe,**) Luchse, Bären und andere Tiere hausten. In diesem ausgedehnten Waldgebiete lebte ein Volk, das sich in Tierfelle kleidete und von Jagd und Fischfang, wildem Obst und den Wurzeln wildwachsender pflanzen nährte. Wohnungen in unserem Sinne kannten sie nicht' sie lebten in Erdhöhlen, die sie durch Pfahl- und Flecht- werk, mit Nasen und Erde überdeckt, wetterdicht zu machen suchten. Noch *) Luche die einzelnen Bahnlinien auf der Karte auf! **) Wölfe kamen noch im 16. und 17. Jahrhundert einzeln in unseren wäl- dern vor.

8. Kreis Büdingen - S. 11

1914 - Gießen : Roth
Kreis Büdingen, bearbeitet von K. Heusohn. 11 stößt man hier und da bei Erdarbeiten auf solche Wohngruben, aus denen mitunter Topsscherben, Steinwerkzeuge u. dgl. zutage gefördert Werden. Die Geschichte bezeichnet sodann die ttelten als die Bewohner unserer Gegend, deren Siedelungsgebiet vom 9.-4. Jahrhundert v. Chr. sich weithin nach Nordosten und Norden bis zur'fulda und Schwalm erstreckte. Fast überall erzählen uns Hügelgräber sowie die noch mannigfach von den Landleuten aufbewahrten Steinäxte — Donnerkeile werden sie gewöhnlich genannt — von der Kultur jener Urbewohner. Den Kelten folgten die Chatten, welche im 4. Iahrh. v. Thr. in wilden Scharen von Osten hereinbrachen. Wo eine Quelle, ein fruchtbares Tal lockte, da siedelten sie sich an, immer mehr von Norden und Osten dem Rheine zustrebend. So hatten sie im Laufe der Zeit die ganze Wetterau in ihren Besitz bekommen,*) um von da aus das Römer- volk am Rhein ständig zu beunruhigen. Das änderte sich, als die Römer unter Kaiser Domitian (81—96 n. Chr.) siegreich ins Thattenland vorge- drungen waren (83 n. Thr.) und zum Schutze ihrer Besitzungen eine Grenz- wehr anlegten. Unter Hadrian (117—138) wurde diese weiter ins Ger- manenland vorgeschoben und ein neuer Grenzschutz, wohl nur aus einem Palisadenzaun bestehend, geschaffen. Erst unter Taracalla (211—217) ent- stand der Ausbau der 550 km langen Befestigungslinie von der Donau durch Franken und Hessen bis zum Rhein, welche unseren Kreis in nördlicher Richtung durchzieht und unter dem Namen Psahlgraben oder Limes bekannt ist. Dieser Limes betritt bei Langenbergheim den Kreis Büdingen, zieht an Rommelhausen und Oberau vorbei über Altenstädt, (Stammheim, Sta- den), Bingenheim, Bisses, Schwalheimer Hof und Unter-Widdersheim und setzt sich von da im Kreis Gießen fort. Überreste haben sich im Walde bei Rommelhausen und am Forsthaus Bingenheim erhalten.**) Ts war somit nur der westliche Teil des Kreises der römischen Herrschaft unterworfen, das Gebiet, in welchem jetzt die Orte Altenstädt, höchst a. d. N., Oberau, Tngelthal undhofoppelshausen, Leidhecken,Bingenheim, Heuchelheim, Get- tenau, Echzell und Berstadt liegen. Manche der genannten Siedelungen sind direkt römischen Ursprungs, wie Altenstädt und Echzell. Innerhalb der römi- schen Umwallung entstanden eine Menge Verkehrswege, die als Römer- straßen noch heute bekannt sind. Der größte Teil des Kreises blieb aber in ständigem Besitz der Thatten, zu dessen Schutz sie feste Ringwälle auf der Glauburg bei Stockheim, der hardeck bei Büdingen und anderwärts angelegt hatten. Wie die Römer, so vermochten auch die zur Zeit der Völker- Wanderung von Osten her vorstoßenden Stämme die Thatten nicht aus ihren Wohnsitzen zu vertreiben. Ihr Name jedoch verschwindet seit dem 4. Jahr- hundert ganz, später (um 720) werden sie als „Hessen" bezeichnet. ~ *) Die flnroöungen in den Tälern des Vogelsberges erfolgten roohl viel später, im 9. und 10. Jahrhundert. **) Suche den Limes auf der Karte auf!

9. Kreis Büdingen - S. uncounted

1914 - Gießen : Roth
griinöung, daß die meisten der mitgeteilten Zahlen nur zu Vergleichszwecken gegeben sind. Daß in vorliegendem Büchlein manche Gemeinden des Kreises der Vollständigkeit wegen nur kurz erwähnt sind, liegt in der Natur der Sache begründet. Soweit es der mir vorgeschriebene Raum zuließ, habe ich über- all das Geschichtliche zu berücksichtigen gesucht, weil nur so die Gegenwart in ihrer Eigenart verstanden werden kann und aus der Heimatkunde die rechte heimatliebe erwächst. Lorbach, im Mai 1914. K. Heusohn. K)r interrötionale Scbulbv hur* griru i • Jtc * u i Lkj cn u i u i' u#wk Fürstliches Siegel. (r\^> " Il \

10. Kreis Büdingen - S. 13

1914 - Gießen : Roth
Kreis Büdingen, bearbeitet von K. Heusohn. 13 Schon in den Jahren 930 und 942 wird ein Kloftcr zu Rodenbach ge- nannt, Ende des 10. Jahrhunderts ein solches zu Gber-lnockstadt gegründet, welches später in ein Kollegiatstift umgewandelt wurde. Infolge der Kreuz- züge machte sich ein frisches religiöses Leben überall in der Gegend be- merkbar, Kirchen entstanden, und neue Klöster wurden gegründet: So 1191 das Kloftcr Koitraösöorf bei Selters (anfänglich Mönchs-, seit etwa 1270 Nonnenkloster), 1260 das Tiftercienserklofter auf dem Haag bei Büdingen, welches 1274 nach Niedernhausen verlegt und Marienborn genannt wurde- 1268 entstand ein gleiches Nonnenkloster zu Engelthal bei Altenstädt' 1431 das Augustinerkloster zu Hirzenhain, welches 1439 geweiht wurde. Kußer- dem bestand schon 1187 das Grdenshaus der Johanniter zu Nidda, und an vielen Grten waren sogenannte ,,Bruderschaften" zur Pflege religiösen £e- bens entstanden. Hlle die erwähnten Klöster erhielten durch Schenkungen mit der Zeit bedeutenden Grundbesitz, und viele Flurnamen*) in den Ge- markungen de? Kreises geben noch heute Auskunft über die einstige Zu- gehörigkeit der Grundstücke zu den Klostergütern. Seit König Heinrichs I. Negierung (919—936) war es üblich gewor- den, neben den Burgen 'der Kaiser befestigte §tädte anzulegen. Dieses Bei- spiel ahmten später die Grafen und Herren nach. Zur Anlegung von Städten bedurften sie kaiserlicher Genehmigung, die ihnen in der Negel besonderer Verdienste wegen gern gewährt wurde. So erscheint Nidda 1234, Orten- berg 1266 als Stadt, und unter Kaiser Ludwig von Bayern erhielten Bü- dingen um 1321 und Wenings 1336 Stadtrechte.**) Diese Städte um- gaben sich mit festen Mauern, Türmen, Toren, Gräben und Wällen, er- hielten eigene Gerichte (,,Stadtgerichte") und besondere Verfassung, Markt- rechte und andere Vergünstigungen. Die Bürger übten sich in den Waffen und hatten in Fehdezeiten die Stadt zu verteidigen. In solchen Zeiten ge- nügten jedoch die befestigten Städte keineswegs zur Sicherheit einer Ge- gend. Denn selten kam es zu offenen Gefechten, es suchte vielmehr jeder seinen Gegner durch Überfall seiner Ortschaften, Wegnahme der Erntevor- räte und Viehherden, Beraubung seiner Kirchen und Klöster***) zu schädigen. *) Beispiele: ,Mosterkopf" bei Marienborn und die ,Marienbörner Wiesen" im Seemental unterhalb Büdingen. **) Der Drt Lißberg bekam erst viel später (1605) städtische Rechte. Bingen» heim erhielt 1357 durch Karl Iv. die Rechte der Stadt Friedberg, machte aber nie Gebrauch davon. ***) 1401 trieben die Dienstmannen von Hessen in der Hess.-Riainz. Fehde eine ganze Viehherde (Pferde und Rindvieh) von der Weide vor dem Städtchen Wenings weg nach Ulrichstein und Grünberg. In der „fuldischen Fehde" im Jahre 1464 über- fielen die feindlichen Söldner u. a. die Kapellen zu Hitzkirchen, Rinderbügen, Bind- sachsen, Kefenrod, Rohrbach, Bergheim und Eckartshausen und beraubten sie. 1568 und 1575 wurde das Kloster Engeltal durch den Besitzer der Burg zu Höchst überfallen und ausgeplündert.
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TM Hauptwörter (200)200

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